NS-Zeitzeugin Hermine Liska im Alter von 95 Jahren verstorben
Im Juli dieses Jahres ist mit Hermine Liska die letzte Zeitzeugin des NS-Regimes in Österreich verstorben, die als Zeugin Jehovas verfolgt wurde. Über viele Jahre engagierte sie sich an Schulen und Universitäten und berichtete über ihre Erlebnisse. Dafür wurde sie vom Land Steiermark und der Republik Österreich ausgezeichnet.
Wien, 04.07.2024 – Hermine Liska verstarb am 1. Juli im Alter von 95 Jahren als letzte NS-Zeitzeugin von Jehovas Zeugen in Österreich. Während des Nationalsozialismus erfuhr sie heftige Verfolgung. Sie wurde am 12. April 1930 in St. Walburgen, Görtschitztal in Kärnten, als das jüngste von insgesamt sechs Kindern geboren. Ihre Eltern, Johann und Elisabeth Obweger, betätigten sich schon seit den 1920er-Jahren als Bibelforscher (Zeugen Jehovas). Sie lehnten aus religiösen Gründen jegliche Unterstützung des NS-Systems ab. Deshalb wurde die gesamte Familie verfolgt.
Im Alter von 11 Jahren weigerte sich Hermine, mit „Heil Hitler“ zu grüßen, die Uniform der Hitlerjugend (Jungmädelbund) zu tragen und sich an NS-Aktivitäten zu beteiligen. Das brachte sie und die gesamte Familie in den Fokus der Nationalsozialisten. Den Eltern wurde 1941 das Sorgerecht entzogen. Sie kam zuerst nach Feldkirchen (Kärnten) in das Erziehungsheim Waiern und anschließend nach München in die von Klosterschwestern geführte katholische Erziehungsanstalt Adelgunden. Die Umerziehung zeigte keinen Erfolg, Hermine Liska blieb ihren christlichen Werten treu. Noch vor dem Ende des 2. Weltkrieges konnte sie zu ihren Eltern nach Hause zurückkehren, nachdem diese vielfach für ihre Heimkehr interveniert hatten.
Hermine Liska setzte sich seit den 1990er-Jahren gegen das Vergessen der NS-Gräueltaten ein. Sie erzählte ihre Lebensgeschichte an Schulen in ganz Österreich. 2002 wurde sie offiziell vom Unterrichtsministerium zur Teilnahme am sogenannten Zeitzeugenprogramm eingeladen. Dabei erreichte sie nicht nur mehr als 200.000 Schülerinnen und Schüler, sondern auch deren Herzen.
Ihre Zeitzeugentätigkeit führte sie zu einer Vortragsreise an verschiedene Universitäten in die USA. In vielen Interviews für Zeitungen, Radio und Fernsehen erzählte sie ihre Erlebnisse. Das Unterrichtsministerium in Österreich hielt ihre Lebensgeschichte in der DVD „Hermine Liska, ein Erziehungsproblem eines Diktators!“ fest.
Für ihre unermüdliche Tätigkeit an Schulen erhielt sie 2016 das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark sowie auch das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich.